Thyssenkrupp steht wie kaum ein anderes Unternehmen für den tiefgreifenden industriellen Wandel in Deutschland. Einst Inbegriff schwerer Industrie, will sich der Konzern neu erfinden – ökologisch, organisatorisch und strategisch. Herzstück dieser Neuaufstellung war bisher der milliardenschwere Umbau zur klimafreundlichen Stahlproduktion. Doch CEO Miguel López hatte im Frühjahr Zweifel an der Umsetzbarkeit geäußert: „Unter den gegebenen Rahmenbedingungen ist nicht sichergestellt, dass wir die Anlage in absehbarer Zeit wirtschaftlich betreiben können“, so López bei einem Termin im NRW-Landtag.
Fehlende Wasserstoff-Infrastruktur bedroht grünen Umbau
Die Kritik zielt auf einen zentralen Engpass: Die Versorgung mit grünem Wasserstoff sei weder technisch noch wirtschaftlich gesichert. Thyssenkrupp droht damit, in Duisburg eine der modernsten Anlagen der Welt zu errichten – ohne ausreichenden Input, um sie sinnvoll betreiben zu können. Das gefährdet nicht nur die Rentabilität des Projekts, sondern stellt auch das Vertrauen der Investoren in die Klimastrategie des Konzerns infrage.
Strategische Neuaufstellung als Konzernholding
Gleichzeitig arbeitet Thyssenkrupp an einem organisatorischen Umbau, der an den Finanzmärkten für Aufwind sorgt. Das Unternehmen plant, sich in eine strategische Führungsholding umzuwandeln. Ziel ist es, die operative Verantwortung in den einzelnen Geschäftseinheiten zu bündeln, während der Konzern als Holding die Mehrheit an den Töchtern behält, aber flexibler agieren kann – etwa bei Partnerschaften, Börsengängen oder Anteilsverkäufen.
Diese Neuausrichtung soll noch 2025 dem Aufsichtsrat vorgestellt werden und gilt als wichtiger Kurstreiber, weil sie auf eine Wertentfaltung durch Entflechtung setzt – ein Modell, das Investoren zunehmend schätzen.
Stahlgeschäft im Joint Venture, Marinesparte vor Teilbörsengang
Insbesondere im Stahlbereich verfolgt Thyssenkrupp einen neuen Weg: Zusammen mit dem Energieunternehmen EPG soll ein 50/50-Joint-Venture entstehen. Der Bereich mit rund 16.000 Mitarbeiter und einem Jahresumsatz von über 12 Milliarden Euro bleibt damit teils in Konzernhand, bekommt aber neue strategische Perspektiven – und möglicherweise neue Kapitalquellen.
Parallel wird an der Abspaltung der Marinesparte TKMS (Thyssenkrupp Marine Systems) gearbeitet. CEO López bekräftigte gegenüber der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung, dass ein Teilbörsengang noch in diesem Jahr geplant sei. TKMS profitiert aktuell vom Rüstungsboom in Europa und der gestiegenen Nachfrage nach Sicherheitstechnologie – ein Szenario, das dem Konzern zusätzliche Mittel und Bewertungsfantasie verschaffen könnte.
Börse reagiert – aber Unsicherheiten bleiben
All diese Pläne stützen den Kurs: Die Thyssenkrupp-Aktie hat sich im vergangenen Jahr fast verdreifacht – von unter 3 Euro auf derzeit rund 10 Euro. Doch die zuletzt laut gewordenen Zweifel an der wirtschaftlichen Tragfähigkeit des grünen Stahlwerks dämpfen die Euphorie. Die Bewertung ist nun mehr als je zuvor an die Umsetzung des Konzernumbaus gekoppelt.
Fazit: Viel Potenzial – aber auch viel Politik
Thyssenkrupp versucht den Spagat: Zwischen Vision und Realität, zwischen Strukturwandel und Bilanzwahrheit, zwischen Staatsförderung und Kapitalmarkterwartung. Der grüne Stahl bleibt strategisch richtig – aber wirtschaftlich unter Druck. Gleichzeitig sorgen die Pläne zur Holdingstruktur, Joint Ventures und Teilbörsengängen für Wachstumsfantasie.
Für Anleger ergibt sich ein vielschichtiges Bild: Wer in die Thyssenkrupp-Aktie investiert, setzt nicht nur auf industrielle Erholung – sondern auf das Gelingen eines der ambitioniertesten Konzernumbauten in Deutschland.
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