Jedes Jahr im Januar zieht das Finanzamt die Steuer auf die sogenannte Vorabpauschale von deinem Verrechnungskonto ein. Diese Steuer betrifft alle ETFs, doch nicht in jedem Fall wird sie fällig. Hier erfährst du, was du jetzt tun musst, ob die Vorabpauschale auf dich zutrifft, und welche Schritte du einleiten kannst, um optimal vorbereitet zu sein.
Was ist die Vorabpauschale und wie funktioniert sie?
Die Vorabpauschale ist ein fiktiver Gewinn, der mit der Kapitalertragsteuer besteuert wird. Sie fällt unabhängig davon an, ob du tatsächlich einen Gewinn realisiert hast. Anders als bei Dividenden oder dem Verkauf von Wertpapieren, bei denen die Steuer direkt vom Cashflow abgezogen wird, wird die Steuer auf die Vorabpauschale automatisch von deinem Verrechnungskonto abgebucht – egal, ob Guthaben vorhanden ist oder nicht.
Wann wird die Vorabpauschale fällig?
- Die Steuer auf die Vorabpauschale wird immer im Januar des Folgejahres eingezogen. Beispiel: Im Januar 2025 wird die Vorabpauschale für das Jahr 2024 versteuert.
- Die Höhe der Vorabpauschale basiert auf dem sogenannten Basiszins, den das Bundesfinanzministerium jährlich neu festlegt.
Berechnung der Vorabpauschale: Schritt für Schritt
Um die Vorabpauschale zu berechnen, wird ein fiktiver Gewinn angenommen. Dieser entspricht: Basiszins × 0,7 × Fondwert am Jahresanfang.
Beispielrechnung für 2024:
- Fondwert am Jahresanfang: 10.000 €
- Basiszins für 2024: 2,29 %
- Fiktive Jahresrendite (Basiszins × 0,7): 1,6 %
Die fiktive Rendite beträgt 160 €. Wenn du keine Ausschüttungen hattest, wird diese Summe mit der Kapitalertragsteuer von 26,375 % (inkl. Solidaritätszuschlag) versteuert. Abzüglich der Teilfreistellung (30 % bei Aktien-ETFs) ergibt sich eine Steuer von 29,60 €.
Sonderfall mit Ausschüttungen:
- Ausschüttung in Höhe von 100 €.
- Zu versteuernder Betrag: 160 € – 100 € = 60 €.
- Steuer auf diesen Betrag: 11,13 €.
Wann entfällt die Vorabpauschale?
Die Vorabpauschale wird in den folgenden Fällen nicht fällig:
- Kein Gewinn erzielt: Wenn die Performance deines ETFs im Jahr negativ war.
- Ausschüttung höher als 1,6 %: In diesem Fall wird die Ausschüttung mit der fiktiven Rendite verrechnet.
Sparer-Pauschbetrag nutzen
- Du musst die Vorabpauschale erst versteuern, wenn sie den jährlichen Sparer-Pauschbetrag von 1.000 € (2.000 € bei Ehepaaren) überschreitet.
- Für Aktien-ETFs erhöht die Teilfreistellung den Freibetrag auf 1.429 €.
Strategien zur Vorbereitung auf die Vorabpauschale
1. Freistellungsauftrag prüfen und anpassen
- Stelle sicher, dass deine Freistellungsaufträge richtig verteilt sind. Überprüfe alle Banken und Depots, denn die Summe aller Freistellungsaufträge darf 1.000 € (oder 2.000 € bei Paaren) nicht überschreiten.
2. Steuer auf die Vorabpauschale berechnen
- Nutze Online-Rechner, um die zu erwartende Steuerbelastung abzuschätzen. So weißt du, wie viel Geld auf deinem Verrechnungskonto bereitliegen sollte.
3. Dokumente deiner Bank prüfen
- Im Januar erhältst du von deiner Bank eine detaillierte Berechnung der Vorabpauschale. Kontrolliere diese, um sicherzugehen, dass der Betrag korrekt ist.
4. Cashflow sicherstellen
- Sorge dafür, dass dein Verrechnungskonto genügend Guthaben aufweist. Falls nötig, setze deinen Sparplan vorübergehend aus oder überweise zusätzliches Geld.
Häufige Irrtümer über die Vorabpauschale
„Ein ausschüttender ETF spart Steuern.“
Falsch! Unterm Strich zahlst du bei thesaurierenden und ausschüttenden ETFs gleich viele Steuern, solange die Ausschüttung kleiner ist als die fiktive Rendite. Ausschüttungen müssen ebenfalls versteuert werden, wodurch sich die Steuerlast ausgleicht.
„Den ETF vor Jahreswechsel verkaufen, um die Vorabpauschale zu umgehen.“
Das führt oft zu höheren Steuern, da beim Verkauf der gesamte Gewinn versteuert wird. In den meisten Fällen ist die Steuer auf die Vorabpauschale geringer als die Steuer auf den Verkaufsgewinn.
Wann betrifft dich die Vorabpauschale wirklich?
Ob die Vorabpauschale für dich fällig wird, hängt von deinem Vermögen und der ETF-Performance ab. Wenn dein ETF eine Jahresrendite von über 1,6 % erzielt, musst du die Vorabpauschale versteuern, sobald dein investiertes Vermögen 89.312 € übersteigt – vorausgesetzt, dein Freistellungsauftrag ist ausgeschöpft.
Beispiele für die Steuerlast 2024:
- Vermögen: 50.000 €
- Vorabpauschale: 802 €
- Steuer: 0 € (unter Sparer-Pauschbetrag).
- Vermögen: 100.000 €
- Vorabpauschale: 1.603 €
- Steuer: 31 €.
- Vermögen: 200.000 €
- Vorabpauschale: 3.206 €
- Steuer: 316 €.
So minimierst du langfristig deine Steuerbelastung
- Thesaurierende ETFs bevorzugen: Diese bieten bei Verlustjahren steuerliche Vorteile, da keine Ausschüttungen versteuert werden müssen.
- Freistellungsauftrag strategisch einsetzen: Nutze ihn gezielt, um deine Steuerlast zu reduzieren.
- Langfristig investieren: Je länger du investiert bist, desto mehr profitiert dein Kapital vom Zinseszins-Effekt – auch nach Abzug der Steuern.
Fazit: Die Vorabpauschale ist zwar komplex, doch mit den richtigen Maßnahmen lässt sich die Steuerbelastung reduzieren und problemlos bewältigen. Plane vorausschauend, nutze alle Freibeträge und halte genügend Liquidität auf deinem Verrechnungskonto bereit, um keine bösen Überraschungen zu erleben.
Es handelt sich dabei weder um eine rechtliche, steuerrechtliche oder betriebswirtschaftliche Beratung, noch kann es eine individuelle Beratung ersetzen. Irrtümer möglich.
Sehr guter und hilfreicher Artikel. Ich beschäftige mich seit ca. 3 Jahren mit dem Thema investieren in ETFs und so einige male musste ich schon meinen Investitionsplan zumindest mal in Frage stellen. Das betrifft vor allem auch die Besteuerung. Je nachdem ob man überhaupt den Sparerfreibetrag ausschöpft oder nicht, kann es auch sinnvoll sein ausschüttende ETFs zu besparen um diese jährlichen Steuerfreibeträge nicht zu „verschwenden“. Ich hätte auch noch einen lesenswerten Tipp zum Thema Sparplan.
https://geldvermehrer.com/etf-sparplan-oder-einzelanlage-was-ist-der-bessere-weg/
Ich habe nämlich auch die hälfte meiner Sparpläne auf Einmalanlagen umgestellt. Hier geht unter Umständen auch Rendite verloren
Danke für Dein Feedback, gerne den Artikel teilen 🙂