September 16

Immobilienfonds und deren Risiken – Haben wir seit der Finanzkrise nichts gelernt?

Immobilienfonds sind eine beliebte Anlageform in Deutschland und werden oft als risikoarm angesehen. Mit einem verwalteten Vermögen von 129 Milliarden Euro (Stand März 2024) sind sie eine wichtige Säule des deutschen Kapitalmarktes. Doch jüngste Entwicklungen, wie der drastische Wertverlust des UniImmo Wohnen ZBI Fonds, zeigen, dass die Branche vor erheblichen Herausforderungen steht. Diese Entwicklungen werfen die Frage auf, ob die Fehler aus der Finanzkrise 2008/2009 wiederholt werden.

Was sind Immobilienfonds?

Immobilienfonds sind Investmentfonds, die das Geld der Anleger hauptsächlich in Immobilien investieren. Sie bieten eine Möglichkeit, indirekt in Immobilien zu investieren, ohne dass die Anleger direkt Immobilien kaufen müssen.

  • Offene Immobilienfonds: Diese Fonds sind flexibel und ermöglichen es den Anlegern, ihre Anteile jederzeit zu kaufen oder zu verkaufen. Die Fondsgesellschaft kauft und verkauft die Anteile zum aktuellen NAV (Nettoinventarwert).
  • Geschlossene Immobilienfonds: Diese Fonds sammeln zunächst Kapital ein und schließen dann den Fonds für neue Investoren. Das gesammelte Geld wird in bestimmte Immobilienprojekte investiert, und die Anleger können erst nach der Laufzeit wieder auf ihr Kapital zugreifen.

Aktuelle Lage am Immobilienmarkt

Seit der großen Finanzkrise 2008/2009 hat sich der Immobilienmarkt stark verändert. Hohe Immobilienpreise, steigende Zinsen und eine zunehmende wirtschaftliche Unsicherheit belasten den Markt. Besonders betroffen sind offene Immobilienfonds, die aufgrund ihrer Struktur besonders anfällig für Marktschwankungen sind.

Im ersten Quartal 2024 verzeichneten offene Immobilienfonds in Deutschland Mittelabflüsse von etwa einer Milliarde Euro, während Aktienfonds Mittelzuflüsse in Höhe von 2,5 Milliarden Euro hatten. Der jüngste drastische Wertverlust des UniImmo Wohnen ZBI Fonds hat erneut Bedenken über die Stabilität dieser Anlageklasse aufgeworfen.

Die jüngsten Schlagzeilen um den UniImmo: Wohnen ZBI Fonds

Der UniImmo Wohnen ZBI Fonds geriet im Juni 2024 in die Schlagzeilen, nachdem er über Nacht einen Wertverlust von 17% erlitt. Dies erinnert an ähnliche Probleme, die während der Finanzkrise 2008/2009 auftraten, als viele Immobilienfonds aufgrund von Liquiditätsproblemen schließen mussten.

Der Wertverlust des Fonds wurde durch eine Sonderbewertung des Immobilienportfolios ausgelöst. Diese Sonderbewertung wurde notwendig, da der bisherige NAV nicht mehr die aktuelle Marktrealität widerspiegelte.

Funktionsweise offener Immobilienfonds

Offene Immobilienfonds investieren in eine Vielzahl von Immobilien, um das Risiko zu diversifizieren. Die Fondsanteile können jederzeit gehandelt werden, entweder direkt über die Fondsgesellschaft oder über die Börse. Allerdings gibt es Mindesthalte- und Rückgabefristen, die die Flexibilität der Anleger einschränken können.

Die Berechnung des NAV basiert auf regelmäßigen Bewertungen der im Fonds enthaltenen Immobilien. Diese Bewertungen erfolgen in der Regel durch Gutachter, die den Wert der Immobilien anhand verschiedener Faktoren wie Mieteinnahmen, Lage und allgemeiner Marktlage schätzen.

Geschlossene Immobilienfonds

Im Gegensatz zu offenen Fonds sind geschlossene Immobilienfonds weniger liquide. Sie investieren in einzelne große Immobilienprojekte und schließen den Fonds nach der Kapitalaufnahme für neue Investoren. Anleger können ihre Anteile erst nach Ablauf der Laufzeit wieder verkaufen, was das Investment vergleichsweise unflexibel macht.

Bewertungsmethoden in Immobilienfonds

Eine der größten Herausforderungen bei der Bewertung von Immobilienfonds ist die Tatsache, dass Immobilien nur selten verkauft werden, wodurch der tatsächliche Marktwert oft unklar ist. Im UniImmo Wohnen ZBI Fonds wird das sogenannte Ertragswertverfahren angewendet, bei dem der Wert der Immobilien basierend auf Faktoren wie Mieteinnahmen und Bodenrichtwerten geschätzt wird.

Diese Bewertungsmethode kann dazu führen, dass der NAV des Fonds nicht immer die aktuelle Marktlage widerspiegelt. Insbesondere in Phasen sinkender Immobilienpreise kann der NAV deutlich hinterherhinken.

Die Illusion der Stabilität

Immobilienfonds gelten oft als stabile und risikoarme Anlage, da ihr NAV selten starke Schwankungen zeigt. Doch diese Stabilität ist oft nur eine Illusion. Da Immobilien selten verkauft werden, werden ihre Werte hauptsächlich geschätzt und nicht durch Markttransaktionen bestimmt. In der Praxis bedeutet dies, dass der NAV oft träge auf negative Marktveränderungen reagiert.

Fristen und Rückgaberegelungen

Um die Liquidität der Fonds zu schützen, gelten bei offenen Immobilienfonds strenge Rückgaberegelungen. Anleger müssen ihre Anteile mindestens 24 Monate halten und können sie erst nach einer Kündigungsfrist von 12 Monaten zurückgeben. Diese Regelungen wurden eingeführt, um die Fonds vor plötzlichen Mittelabflüssen zu schützen, können jedoch die Flexibilität der Anleger erheblich einschränken.

Sonderbewertungen und deren Folgen

Eine Sonderbewertung ist eine außerplanmäßige Neubewertung des Immobilienportfolios, die durchgeführt wird, wenn der aktuelle NAV nicht mehr die Marktrealität widerspiegelt. Beim UniImmo Wohnen ZBI Fonds führte eine solche Sonderbewertung zu einem plötzlichen Wertverlust, da der Marktwert der Immobilien deutlich unter dem bisherigen NAV lag.

Die Risiken von Immobilienfonds

Obwohl Immobilienfonds als risikoarme Anlageform gelten, gibt es erhebliche Risiken, die oft unterschätzt werden:

  • Liquiditätsrisiko: Bei hohem Verkaufsdruck können Immobilien nicht schnell genug liquidiert werden, um die Rückgaben zu bedienen.
  • Bewertungsrisiko: Die träge Anpassung des NAV an die Marktlage kann zu Verzögerungen führen, die Anlegern ein falsches Bild der tatsächlichen Fondsperformance vermitteln.

Immobilienfonds vs. Aktienmarkt

Während der Aktienmarkt schnell auf Nachrichten und Marktveränderungen reagiert, erfolgt die Bewertung von Immobilienfonds verzögert und weniger transparent. Ein weiterer Unterschied liegt in der Preisbildung: Der Aktienkurs spiegelt stets die aktuelle Marktlage wider, während der NAV eines Immobilienfonds oft von geschätzten Werten abhängt.

Alternativen zu Immobilienfonds

Eine interessante Alternative zu klassischen Immobilienfonds sind REITs (Real Estate Investment Trusts) und Immobilien-ETFs. Diese bieten eine höhere Liquidität und Transparenz und können einfacher gehandelt werden. Allerdings sind auch sie nicht frei von den typischen Risiken der Immobilienbranche.

Sollten man in Immobilienfonds investieren?

Die Entscheidung, in Immobilienfonds zu investieren, hängt von den individuellen Zielen und der Risikobereitschaft ab. Während sie eine gewisse Stabilität bieten, sind sie nicht so risikoarm, wie oft angenommen wird. Anleger sollten sich der Liquiditätsrisiken und der Möglichkeit plötzlicher Wertverluste bewusst sein.

Fazit und Handlungsempfehlungen

Immobilienfonds können eine sinnvolle Ergänzung für ein diversifiziertes Portfolio sein, jedoch sollten die spezifischen Risiken nicht unterschätzt werden. Angesichts der aktuellen Marktlage ist Vorsicht geboten, und Anleger sollten sich überlegen, ob andere Anlageformen, wie Immobilien-ETFs oder REITs, besser zu ihren Bedürfnissen passen.


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