Januar 30

Beamte: Moderner Adel?

Die Privilegien des Adels wurden in Deutschland nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg 1919 abgeschafft. Formal stimmt das.

Aber die neuen Adeligen in unserem Land sind unsere Beamten.

Niederer Landadel auf den Gemeindeverwaltungen und Hochadel als Abteilungsleiter in den Bundesministerien oder als Behördenleiter.

Glaubst Du nicht?

Zu den Privilegien des Adels von 1919 gehörten unter anderem die Bevorzugung im Staatsdienst und die Befreiung vom Wehrdienst.

Und Beamte mussten zu Kaisers Zeiten keine Steuern zahlen.

Und was hat das jetzt mit unseren heutigen Beamten zu tun?

Ich meine sehr viel. Denn sie sind die Privilegierten der heutigen Zeit.

Mit 217 Abgeordneten stellten die Gruppe der Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst die Mehrheit der Volksvertreter im Bundestag. Das ist jede Menge Macht und Einfluss.

Selbst schuld, könntest Du jetzt sagen. In unserer Demokratie kann sich ja jeder politisch engagieren.

Ja, aber als Lehrer hat man eben nachmittags sehr viel mehr Zeit, um die mühsame politische Karriere nach vorne zu treiben. Wenn Du im Hamsterrad von 9to5 gefangen bist, eher nicht.

Wehrdienst ist abgehakt, gibt es für alle nicht mehr.

Aber wie sieht es mit den Steuern aus?

Tja, Beamte zahlen zwar auch Steuern, werden aber in gewisser Weise bevorzugt.

Das liegt vor allem daran, dass sie keine Beiträge zur Sozialversicherung zahlen müssen. „normale“ Arbeitnehmer zahlen ca. 20% Ihres Einkommens an Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung.

Das fällt bei Beamten weg. Sie werden nicht arbeitslos und die Rente heißt Pension und wird vom Staat über Steuermittel gezahlt.

2023 erhielten Beamte im Ruhestand ein durchschnittliche Pension von 3.240 Euro brutto pro Monat. Im finanziellen Vergleich mit Rentnern schneiden diese jedoch deutlich schlechter ab. Im Jahr 2022 betrug die durchschnittliche monatliche Rentenzahlung für Männer 1.373 Euro, während Frauen im Schnitt lediglich 832 Euro erhielten, wie Statista berichtet.

Jetzt sagts Du: Pensionen werden bestimmt abgeschafft und auch das Beamtentum wird verschwinden, alles nicht mehr zeitgemäß.

Aber halt. Wir haben keinen Kaiser mehr, der das alles bestimmen kann.

Und im Bundestag ist wer die größte Berufsgruppe? Richtig, die Beamten. Wie es ausgehen wird, kannst Du Dir denken…

Klingt doch schon mal nach einem netten Privileg.

Und auch bei der Krankenversicherung geht es den Beamten gut. Denn sie sind privat versichert. Das gute daran ist, dass Vater Staat die Hälfte der Kosten für die Gesundheit, bei Kindern sogar noch mehr, über die Beihilfe übernimmt. Der Beamte zahlt also einen günstigeren Tarif bei der Krankenversicherung.

Und in Sachen Steuern sparen die Beamten bei der Progression. Da sie brutto weniger verdienen, als ihre angestellten Kollegen, werden auch weniger Steuern fällig.

Jetzt will ich hier keine Neiddebatte anzetteln.

Fakt ist: auch Du kannst Beamter werden, wenn Du die entsprechende Qualifikation hast und wenn Du Lust auf den Job hast.

Und das hat viele Vorteile!

Sogar mehr, als oben beschrieben.

  • Du kannst nicht gekündigt werden, außer Du klaust den goldenen Löffel Deines Dienstherrn. Dann wirst Du verbannt, wie unliebsame Adelige am Hofe.
  • Wenn Du längere Zeit krank wirst, fällst Du in ein weiches Netz. Erst nach dauerhafter Dienstunfähigkeit und Versetzung in den Ruhestand bekommst Du weniger Bezüge, bei Arbeitnehmern gibt es schon nach 6 Wochen weniger Geld und nach einem Jahr in Krankheit droht die Arbeitslosigkeit.
  • Du kannst ohne Probleme in eine Teilzeitbeschäftigung wechseln und Dein Side-Business voranbringen.
  • Neben Deiner Pension kannst Du Dir im Schlafmodus ein großes Vermögen über ETFs aufbauen und Deinen Ruhestand so richtig genießen.

Als Beamter gehörst Du in jedem Fall zur privilegierten Seite der Gesellschaft. Aber denke daran „Der Mantel des Staates ist eng, aber warm“.

In diesem Sinne, schreib mir Deine Meinung in die Kommentarspalte.


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  • Ich bin kein Beamter und schon etwas Älter. Es gab in den letzten 40 Jahren immer wieder Zeiten, in denen man Beamte ob Ihrer Vorteile (z.B. Unkündbarkeit) beneidet hat. Dann gab es auch immer wieder die Zeiten in denen Beamte belächelt wurden: „Für das Geld, würde ich nicht arbeiten gehen!“
    Der Satz mit dem Fakt Deines Artikels ist doch der Entscheidende! Jeder kann versuchen den Beamtenstatus anzustreben. Ich beneide z.B. aktuell meinen Freund Jens, der nächstes Jahr mit 60 in Pension geht (Polizei). Aber die Jahrzehnte die er im Schichtdienst oder am Wochenende z.B. bei Fußballspielen bei Wind und Wetter zwischen rivalisierenden ‚Fans‘ stand, um die beneide ich Ihn nicht.
    Also Augen auf bei der Wahl des Jobs!

  • Tja, ich war Beamter (sogar auf Lebenszeit) in der Finanzverwaltung.

    Habe dann das Handtuch geworfen und bin vor knapp 20 Jahren als Steuerberater in die „freie Wirtschaft“ gewechselt.

    Warum?
    Anerkennung, Bezahlung und (ja, genau) Arbeitsbelastung ist besser.
    Habe meinen Schritt nie bereut.

    Kleiner „fun fact“ am Rande. In der Kanzlei in der ich arbeite haben in den letzten Monaten gleich vier Kollegen angefangen, die ebenfalls Beamte waren, aber dann den Schritt aus der Verwaltung gegangen sind.

    Und was ich von ehemaligen Kollegen aus der Finanzverwaltung höre, so ist die Anzahl der Abgänger dort in den letzten Jahren sehr stark gestiegen.
    Der öffentliche Dienst steht halt in Konkurrenz mit der restlichen Wirtschaft und bezahlt Fachkräfte deutlich schlechter.
    „Privilegien“ (die sich bei näherer Betrachtung dann doch nicht als so toll erweisen) hin oder her.

    Aber so gewinnt oder hält man halt keine Fachleute…

    Denn wie schon von Dirk geschrieben: der Beamtenjob ist leider nicht nur eitel Sonnenschein, wenig Arbeit und viel Geld.

    • Danke für den spannenden Einblick. Würdest Du heute noch die Ausbildung als Beamter machen oder direkt in die Wirtschaft gehen?

      • Würde es heute auch noch immer wieder so machen wie damals.

        Die Ausbildung bei der Finanzverwaltung abschließen (die ist anspruchsvoll und definitiv kein Zuckerschlecken, dafür aber immer noch top).

        Dann die Steuerberaterprüfung ablegen wenn man noch im Beamtenverhältnis ist (Nach drei Jahren möglich). Man ist dann so ca. 25 …

        Und nach bestandener Prüfung wechseln.

        Das hat daneben auch den Vorteil, dass man direkt in das Versorgungswerk der Steuerberater eintritt.

        Wenn man als fertiger StB wechselt zählt man als von Anfang an als beim Versorgungswerk versichert. Eintrittsalter bei mir war daher 20 Jahre.
        Dies war mir damals bei meinem Austritt aber überhaupt nicht bewusst. Habe ich erst später beim Blick auf die Rentenprognose festgesellt 🙂

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